l'atelier BRUT.
Weinblog.
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Juni 2025 in den Dolomiten: schon die Anfahrt von Bozen war ein kleiner Film. Dramatische Felswände rechts, Postkartenpanorama links – und dazwischen wir. Die letzten Meter via Schotterstraße und schliesslich haben wir unser Ziel erreicht: der Gumphof. Empfangen wurden wir von Judith, der Frau des Winzers, so herzlich, als kämen wir schon seit Jahren vorbei.
Plot Twist: Wir waren zu früh. Judiths Lösung? „Geht doch noch schnell Knödel essen.“
Gesagt, getan – und bestens genährt zurück zum Start.
Der Gumphof ist 100 % Familienbetrieb. Judith und ihr Mann Markus Prackwieser führen das Weingut mit einem feinem Gespür für das Terroir. Markus gilt als Winzer, der den Charakter seiner Lagen nicht „bearbeitet“, sondern rausarbeitet. Ausserdem wird Forschen & Experimentieren auf dem Gumphof grossgeschrieben: neue Sorten werden getestet, um herauszufinden, was auf den eigenen Parzellen am besten funktioniert. So hat Markus vor einigen Jahren entdeckt, dass der Sauvignon Blanc auf manchen Lagen regelrecht aufblüht – inzwischen ist der fester Teil des Sortiments.
Die Reben des Gumphof klammern sich an steile, bis zu 70 % geneigte Hänge – südwestlich ausgerichtet, auf 400–800 m Höhe. Kalkhaltige Moränenböden mit Schottersteinen auf Quarzporphyr regulieren Wasser- sowie Nährstoffversorgung, fungieren zudem als Wärmespeicher und tragen so zur Struktur der Weine bei. Tagsüber weht die warme Ora vom Gardasee, nachts kühlen Fallwinde aus den Dolomiten alles runter – ein Klima, das Frische und Vielschichtigkeit in die Trauben bringt.
Bevor wir ins Glas schauen durften, führte uns Judith in den gerade fertiggestellten Verkostungsraum: auf der einen Seite roher Fels als Naturwand (nicht nur spektakulär, sondern trägt auch zu einem optimalen Klima für den Wein bei), auf der anderen der Ausblick ins Tal. Unten drunter liegt der Weinkeller, den wir leider nicht sehen konnten, aber dieser Raum allein war schon die halbe Verkostung wert.
Entgegen dem, was ich aus WSET 3 noch im Kopf hatte, ist in Südtirol nicht der Pinot Grigio der Lokalmatador. Für die Einheimischen ist Pinot Bianco der eigentliche Star – feiner, weniger breit. Dazu kommen im Gumphof Vernatsch und Lagrein als echte Regionalklassiker.
Den Gewürztraminer, ebenfalls ein Südtiroler Aushängeschild, hatten sie leider gerade nicht offen, so verkosteten wir:
Mediaevum Pinot Bianco – die Apéro-Version (oder wie Judith sagt: Am Sonntag so gegen 11 Uhr) glasklar, präzise, fast schon salzig, mit kühler Mineralität.
Praesulis Pinot Bianco – der Speisebegleiter: mit Lagerung & Reife für 10 Monate auf der Feinhefe
(ein echt cooler Wein!)
Lagrein – saftig, strukturiert, aber dank Höhenlage null plump (erinnerte mich etwas an Syrah)
Mediaevum Vernatsch – meine persönliche Überraschung: hell, leicht, tanninarm, perfekt für den Sommer.
Ich finde es echt cool, wenn Regionen ihre eigenen Weintypen hochhalten. Hier gibt’s keine „Everybody’s Darling“-Uniformität, sondern Weine mit Ecken, Kanten und Geschichte.
Der Vernatsch war für mich das Highlight – ein Rotwein, der sich nicht wie ein Rotwein aufführt und zwar im positivsten Sinne. Für mich gerne zum gekühlt trinken, leicht & charmant, aber auf keinen Fall belanglos. Und Judith’s Rat, diesen Wein zu Sushi zu geniessen, kann ich nur weiterempfehlen.
Cheers und bis zum nächsten Mal
l’atelier BRUT.