l'atelier BRUT.
Weinblog.
l'atelier BRUT.
Weinblog.
September 2025 nahe Binissalem. Auf einer Schotterstrasse, hinter dem Dorf Binissalem auf Mallorca, nähern wir uns der Einfahrt der Finca Biniagual. Schon da beschleicht mich das Gefühl: hier tickt die Zeit anders, langsamer.
Die Strasse öffnet sich, geradeaus die Reben, links ein kleines Haus, rechts ein grösseres – dort treten wir ein. Das Entrée empfängt uns mit hohen Decken, dunklem Holz, warmem Licht, antiken Möbeln. Rechts der Shop, links eine Lounge mit grossem Kamin und prominenter Bar in der Mitte.
Doch mein Blick bleibt nicht an den Möbeln hängen, sondern an der riesigen Glasfront auf der hinteren Seite. Sie führt hinaus auf eine Terrasse, in einen Hof, mit überdachter Veranda und einem kleinen Pinienwäldchen. Zwischen den Bäumen stehen alte Barrique-Fässer wie zufällig verstreut, in der Mitte plätschert ein Brunnen. Der Duft der Pinien liegt frisch und gleichzeitig beruhigend in der Luft – eine Mischung aus Wald und Mittelmeer.
Ein Ort mit Wirkung: wie eine kleine, abgeschlossene Welt.
Finca Biniagual ist weit mehr als ein Weingut – es ist ein kleines Dorf für sich. Vierzehn Häuser, eine Kapelle, die historische Bodega und eine Vinoteca bilden ein Ensemble, das eher an ein Stück lebendige Geschichte erinnert als an ein klassisches Weingut. Die Wurzeln reichen zurück bis in die Zeit der Mauren, später prägten Generationen von Familien hier den Weinbau.
Dann der Bruch: Anfang des 20. Jahrhunderts vernichtete die Reblaus alle Weinberge Mallorcas, auch Biniagual fiel in einen langen Dornröschenschlaf. Erst rund hundert Jahre später begann das neue Kapitel. 1968 kaufte die heutige Besitzerfamilie das verlassene Dorf und gab ein Versprechen: den Weinbau wiederzubeleben – und damit auch ein Stück mallorquinisches Kulturerbe zu bewahren. Häuser wurden restauriert, Reben neu gepflanzt, die Bodega erwachte zu neuem Leben.
Heute ist die Finca ein nachhaltig geführter Familienbetrieb, der nicht nur Wein macht. Neben den 34 Hektar Weinbergen gehören Oliven- und Mandelhaine, Zitrusfrüchte, Feigen, Granatäpfel, Johannisbrotbäume und eine Schafherde dazu. Eine vielseitige Landwirtschaft, die den Charakter der Insel erhält.
Und genau das merkt man auch beim Besuch: während unseres Tastings kamen wir nicht nur in den Genuss der Weine, sondern probierten auch andere homemade Produkte – ein schöner, runder Einblick in das, was dieses kleine Dorf ausmacht.
Im Weinberg lautet das Credo von Finca Biniagual Qualität & Respekt vor der Natur. Biniagual arbeitet nach den Regeln des integrierten, nachhaltigen Anbaus.
148.000 Rebstöcke wachsen auf 34 Hektar. Die Böden bestehen überwiegend aus Calcisol und Luvisol – mässig fruchtbar, nicht allzu tiefgründig, mit einer offenen Textur und reich an groben Bestandteilen. Genau diese Bedingungen zwingen die Reben, tief zu wurzeln, und prägen die Weine mit einer Mischung aus mediterraner Kraft und frischer Ader.
Von Mai bis September laufen die Winzer fast täglich durch die Weinberge, bis zu zehn Kilometer am Tag, um die Reben zu kontrollieren. Jede Traube wird mehrfach in die Hand genommen.
Im Keller setzt man auf Präzision und Zurückhaltung. Edelstahl sorgt für klare, frische Linien, gearbeitet wird so minimal-invasiv wie möglich. Alle Rotweine reifen zwischen 12 und 18 Monaten in Fässern, vorwiegend aus französischer Eiche – genug, um Struktur und Tiefe zu geben, ohne den Ursprung zu übertönen.
Das Ziel: Weine, die das Terroir zeigen – mallorquinisch, charaktervoll, ohne Schnickschnack.
Die Handschrift ist unverkennbar: mallorquinisch, charaktervoll. So stehen im Zentrum auch die autochthonen Sorten – Manto Negro als Basis für alle Rotweine und den Rosé, Prensal Blanc für den frischen Weisswein Memòries de Biniagual Blanc. Dazu kommen Cabernet Sauvignon, Syrah, Chardonnay, Viognier und Muscat d’Alexandrie, die den Cuvées Tiefe und Struktur geben.
Am Ende entstehen vier verschiedene Rotweine, ein Weisswein und ein Rosé – allesamt mediterran geprägt, aber individuell mit eigenem Charakter.
Unser Tasting fand draussen statt. Wir starteten mit Weiss und Rosé, bevor die Roten kamen: der Finca Veran, voller mediterraner Kraft, und ein reinsortiger Manto Negro, der mich mit seiner unerwarteten Eleganz wirklich beeindruckt hat.
Zum Schluss der Süsswein Dolç 17-24 – auf Manto Negro 6 Muscat d’Alexandrie Basis oxidativ gelagert, golden, konzentriert, aber nie klebrig. Honigsüss und gleichzeitig wunderbar erfrischend. Für mich – zu meiner eigenen Überraschung – das Highlight des Tastings.
Was mich an Biniagual fasziniert, ist diese Mischung aus Ruhe, Idylle und handwerklicher Ernsthaftigkeit. Neben dem Wein entstehen hier Olivenöl, Zitrusfrüchte, Mandeln und noch vieles mehr – und im Tasting passt das alles perfekt zusammen. Ich werde super gerne überrascht und so finde ich es echt cool, dass es mir gerade der Süsswein so angetan hat: golden, honigsüss und gleichzeitig erfrischend.
Für mich ist Biniagual ein Ort, an dem man spürt, dass alles hier wächst und mit Sorgfalt und Herz entsteht.
Cheers und bis zum nächsten Mal
l’atelier BRUT.
Finca Biniagual
Camí Vell de Muro s/n, Llogaret de Biniagual
07350 Binissalem Mallorca, Illes Balears, Spanien